Lean Management in a Nutshell

Ist es möglich, dasselbe Ergebnis mit weniger Arbeit zu schaffen – ohne an Qualität zu verlieren? Lean Management soll das möglich machen. Das Konzept „schlankes Management“ folgt einer einfachen Überzeugung: Es gibt immer einen Weg, eine Aufgabe besser und schneller zu erledigen. Warum? Weil niemand von uns perfekt ist. Wir alle machen Fehler – das ist menschlich.

Lean Management sieht Fehler als Chance zur Verbesserung. In den Prozessen von Mitarbeitern, Teams, Führungskräften und Unternehmen sind überall „versteckte Potenziale“ zu finden. Anstatt uns gegenseitig auf die Finger zu hauen, heisst es, aus Problemen zu lernen. Der Lean-Management-Ansatz besteht aus Prinzipien, Methoden und vor allem einem Umdenken im Unternehmen, mit dem wir unsere Prozesse aufräumen können. Weniger Input, dafür durchdachter.

Als Lean Management Definition (dt. schlankes Management) ergibt sich folgende umfassende Zielsetzung im unternehmerischen Umfeld: “Effiziente Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette durch Vermeidung von Verschwendung, unabhängig von der Art des Produktes (Güter oder Dienstleistungen), den Produktionsabläufen oder den Unternehmensbereichen”.

Lean Management – Eine einfache Definition!

Welche Prinzipien hat Lean Management?

Der Kern des Lean Management ist die Schaffung von Mehrwert für den Kunden. Der Kundennutzen wird immer ins Zentrum der geschäftlichen Aktivitäten gestellt.

Aus diesem Grundsatz folgen verschiedene Gestaltungs-Prinzipien für die Abläufe.

Das Kundenwert-Prinzip: Der Kundenwert steht im Fokus. Wenn der Kunde einen Wert erkennt und bereit ist dafür zu bezahlen, nennt man dies Mehrwert. Den Kundennutzen (Mehrwert) immer ins Zentrum der geschäftlichen Aktivitäten zustellen ist das höchste Prinzip. Die Prozesse werden voll auf den Mehrwert ausgerichtet.

Das Wertstrom-Prinzip: Um den Fokus auf die Kundenwerte in der ganzen Unternehmung zu gewährleisten, werden die mehrwertschaffenden Aktivitäten und ihr Weg durch die Unternehmung identifiziert und visualisiert. Dieser Fluss des Wertes nennt man Wertstrom. Um den Wertstrom zu identifizieren werden sämtliche Abläufe analysiert und auf ihren Mehrwert geprüft. Es sollen alle Prozesse auf den Wertstrom ausgerichtet werden.

Das Fluss-Prinzip: Der Wertstrom soll idealerweise ohne Unterbrechungen und Verzögerungen ablaufen. Es soll ein stetiger Fluss erzeugt werden. Das bedeutet, dass alle Ursachen, die den Fluss stören, eliminiert werden.

Das Pull-Prinzip: Die ganze Wertschöpfungskette wird aus Sicht der Kunden betrachtet. Der Bedarf des Kunden zieht (pull) die Produkte zu sich. Dies bedeutet, dass es im Idealfall für den Kunden keine Wartezeit gibt und keine Vorproduktion und somit kein Lager notwendig ist. Es wird im Takt des Kunden produziert. Falls dieser Idealfall nicht erreicht wird und es einen Übergang von «Pull» zu «Push» gibt, nennt man diese Grenze Durchlaufzeitlücke. Diese soll möglichst Richtung Anfang des Wertstroms geschoben werden.

Das Perfektions-Prinzip: Die Haltung, durch kontinuierliche Verbesserung Perfektion anzustreben, ist ein Grundprinzip vom Lean Management. Das Bestehende ist nie gut genug. Da Perfektion nie erreicht wird, sucht man ständig nach Verbesserungsmöglichkeiten. Dies setzt einen ständigen Lernprozess voraus.

Verschwendung

Ein Schwerpunktthema im Lean Management ist die Eliminierung von Verschwendung. Alle Tätigkeiten, welche keine Wertschöpfung erzeugen, sind Verschwendung. Die Verschwendung wird unterschieden in vermeidbare und unvermeidbare Verschwendung (z.B. Steuererklärung). Vermeidbare Verschwendung soll eliminiert werden und unvermeidbare Verschwendung soll aufs Notwenigste reduziert werden, damit die Ressourcenallokation auf wertschöpfende Tätigkeiten maximiert wird. In der nachfolgenden Tabelle sind die sieben Grundverschwendungsarten und mögliche Massnahme diese zu reduzieren, dargestellt.

 VerschwendungsartMassnahmen gegen Verschwendung
 TTransportMaterialfluss erzeugen – PULL Kanban
IBestände / InventoryPull-System einführen z.B. Kanban Taktzeit Verringerung der Chargen – Single-Piece-Flow
MBewegung / MoveStandardisierung von Stellflächen Spaghetti-Diagramm
WWarten / WaitMaterialfluss im U-Layout SMED
O  Überproduktion OverproductionPull-System One-Piece-Flow
Oüberflüssig Prozesse / OverprocessKVP-Prozess
DAusschuss / DefectsPoka Yoke – Fehlervermeidung Null-Fehler-Methode

Lean Werkzeuge für Führung und Prozessoptimierung

Dies sind Wertstromanalyse und Wertstromdesign, Shopfloor Management und verschiedene Problemlösungsmethoden. Des Weiteren wurde gezeigt wie einige Methoden, die historisch aus der Produktion stammen, in der Administration angewendet werden können. Dann wird von Lean Administration gesprochen.

Wertstromanalyse und Wertstromdesign

Wertstromanalyse und Wertstromdesign sind die wichtigsten Methoden zur Analyse und Optimierung von Prozessen. Durch Visualisierung des kompletten Wertstroms von Lieferanten bis zum Kunden und einer einheitlichen Bildsprache können Handlungsfelder ganzheitlich und objektiv identifiziert und priorisiert werden. Diese Methoden ermöglichen eine Sicht auf den Kundenwert, die nicht durch organisatorische Hürden beeinträchtigt wird. Diese Vorteile machen diese Methoden zu effizienten und effektiven Werkzeugen zur Optimierung und zur Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses.

Shopfloor Management

Shopfloor Management ist ein Führungsinstrument zur täglichen Anwendung. Der Zweck ist, schnell zu erkennen, wo Handlungsbedarf besteht. Dies wird erreicht indem Informationen transparent auf einer Tafel geteilt werden. Dazu werden die wichtigsten Kennzahlen auf dieser Tafel dargestellt. Klassisch sind folgende Dimensionen auf der Tafel: Sicherheit, Mitarbeiter, Qualität, Kosten und Lieferung. Die Kennzahlen sind mit einem tolerierbaren Mindest- und Maximalwert in Diagrammen dargestellt. So ist für Alle jederzeit erkennbar, ob eine Kennzahl ausserhalb der Toleranz ist und Handlungsbedarf besteht. Dies hilft einen objektiven Überblick über den Zustand des Wertstroms zu haben. Bei Abweichungen werden Massnahmen und Optimierungen initiiert, so entsteht ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Auch ein wichtiger Bestandteil des Shopfloor Management ist ein strukturierter Problemlöseprozess.

Strukturierter Problemlöse- und Lernprozess

Ein Grundpfeiler des Lean Management ist das kontinuierliche Lernen. In diesem Modul wurde aufgezeigt, dass das strukturierte Lösen von Problemen als ein Bestandteil des gezielten Lernens betrachtet werden kann. Die Grundmethode eines Lernzyklus ist der sogenannte PDCA-Zyklus.

In der Praxis wird oft nach der Ausführungsphase wieder in die Planungsphase übergegangen. Der PDCA-Zyklus soll helfen, sich die Zeit zur Überprüfung der Wirkung zu nehmen. Erst nach der Überprüfung der Wirksamkeit kann adäquat entschieden werden, ob die Ausführung in einen Standard überführt wird oder ein neuer Zyklus gestartet werden soll. Für das strukturierte Probleme lösen wurden verschiedene Prozesse gelernt, wie zum Beispiel der vierstufige-einfache -Prozess, der D8-Report und der A3-Report. Ein Bestandteil dieser Prozesse ist das Finden der Ursachen. Zu diesem Zweck eignen sich für einfacher Probleme die Methode 5-Why, für komplexere Probleme das Erstellen eines Ishikawa-Diagrammes.

Wo kann Lean eingesetzt werden?

Der Ursprung der „Lean-Philosophie“ liegt im Bereich Logistik- und Produktionsmanagement. Ende der 40er Jahre setzte Toyota die Lean Production ein, um Prozesse zu streichen, die keinen Wert für das Endprodukt haben. Mit dem historischen Hintergrund erklären sich auch die japanischen Namen vieler Lean-Management-Methoden.

Seither hat sich Lean-Denken auf andere Länder und Branchen ausgebreitet. Viele Methoden sind im Projektmanagement und im Prozess- und Qualitätsmanagement verbreitet. Warum auch nicht lean im Office sein? In der Büroarbeit gibt es unzählige Zeitfresser, auf die wir täglich hineinfallen. Lean Management ist erfolgreich, weil es prinzipiell überall in Unternehmen eingesetzt werden kann.

Lean Administration

Im Büro findet das Lean Management durch die Anwendung unterschiedlicher Konzepte, wie beispielsweise Lean Administration und Kaizen statt. Durch die Kombination der verschiedenen Ansätze wird die bestmögliche Wertschöpfung erreicht.

Die Optimierung und Effektivitätssteigerung in einem Unternehmen beginnt mit der Wahrnehmung der aktuellen Situation im Büro. Oft gehören zu den Problemen im Büro z.B. Schnittstellenprobleme, Informationsverluste, Zeitfresser, Rückfragen oder ungeklärte Verantwortlichkeiten. Für die Eliminierung von solchen Verschwendungen muss eine Basis geschaffen werden, deren Ziel eine hohe Produktivität und Flexibilität sind. Hier bewährt sich die 5S-Methode, die als Instrument dazu dient, den Arbeitsplatz übersichtlich und ordentlich zu gestalten.

Bei der 5S-Methode geht es nicht nur um das Aufräumen und die Struktur im Büro, sondern hauptsächlich um das Aufräumen in den Köpfen der Mitarbeiter. Dazu gehört eine Ordnung in den Abläufen, um das tägliche Chaos zu bewältigen. Eine gute, klare und transparente Zusammenarbeit mit Kunden und Mitarbeitern ist sehr wichtig. Dabei findet ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) statt.

Lean Innovation & Development

Lean Innovation & Development widmete sich hauptsächlich dem Entwicklungsprozess von Produkten und Dienstleistungen. Durch die Globalisierung vernetzt sich die Welt immer mehr. Dadurch geschehen mehr Innovationen und es kommen häufiger neue Produkte auf den Markt. Um als Unternehmen in diesem Wettbewerb zu bestehen, sind schnellere, effizientere und effektivere Entwicklungs- und Innovationprozesse nötigt. Die klassischen Entwicklungsprojekte (Wasserfall-Modell) haben die Prämisse, dass in der ersten Phase der Kundenwunsch oder das Marktbedürfnis fast vollständig formuliert werden kann. Die Wünsche und Bedürfnisse versucht man anschliessend in Kundenanforderungen oder Businessplänen zu beschreiben. Lean Development und Lean Innovation Methoden haben die Grundhaltung, dass man den Kunden nicht kennen, sondern verstehen muss. Lean Methoden binden deshalb den Kunden während des ganzen Entwicklungs- oder Innovationprozesses mit ein und sorgen für ständige Rückmeldungen der Kunden und/oder des Marktes. Dadurch lernt man den Kunden und/oder den Markt besser zu verstehen. Durch die Rückmeldungen wird ständiges Lernen gefördert und die Dienstleistung/ das Produkt kann kontinuierlich verbessert werden. Deshalb haben viele dieser Methoden zum Ziel, möglichst schnell Kunden- und/oder Markt-Feedback zu generieren.

Methoden und Werkzeuge: Lean Canvas

Mit einem Lean Canvas werden alle wichtigen Faktoren für ein Geschäftsmodell abgebildet. Von der Problemstellung, mögliche Kunden bis hin zur Finanzierung werden alle wichtigen Faktoren übersichtlich auf einer Seite festgehalten. Der Vorteil dieser Methode ist, dass sich jeder einen Überblick über das Geschäftsmodell und dessen Erfolgsfaktoren verschaffen kann.

Wenn das Businessmodell erfolgsversprechend ist, wird mit agilen Methoden, zum Beispiel Scrum, ein Minimum Viable Product (MVP) entwickelt. Ein MVP ist ein minimal überlebensfähiges Produkt. Das MVP wird einzelnen Kunden oder dem Markt zur Verfügung gestellt, um schnellstmöglich Feedback zu erhalten. So können Verbesserungen schnell erkannt und umgesetzt werden.

Methoden und Werkzeuge: schnell zu Prototypen

Lean Management bietet einige Methoden zur schnellen Erzeugung von Prototypen. Mit Papierprototypen können zum Beispiel Softwarekonzepte gezeigt werden. Dabei werden die verschieden Fenster-Ansichten auf Papier gemalt und mit den Kunden besprochen.

Wenn Produkte mit Hilfe von CAD-Systemen entwickelt werden, können diese Produkte einerseits mit einem 3D-Drucker gedruckt werden. Dieser 3D-gedruckte Prototyp kann irgendwo eingebaut werden oder beispielsweise von Kunden auf die Haptik geprüft werden. Anderseits können die CAD-Daten benutzt werden, um in der Virtual/Mixed Reality (VR/XR) getestet zu werden. Mixed Reality ist eine Kombination zwischen VR und normaler Realität. Eine weitere Methode ist das Erstellen eines Digital Twins. Ein Digital Twin ist ein digitales Abbild eines physikalischen oder nicht-physikalischen Produkts oder Prozesses. Zwischen dem Digital Twin und dem Produkt gibt es einen Datenaustausch. Mit dem Digital Twin können schnell Verbesserungen getestet werden, ohne das Produkt zu beeinträchtigen.

Methoden und Werkzeuge: Ideen finden, z.B. Design-Thinking

Lean Management bietet verschiedenen Methoden um strukturiert Innovation zu betreiben. Zum Beispiel kann man mit Lego Serious Play arbeiten und erleben wie man schnell zu Ideen kommt und in einer heterogenen Gruppe innert kurzer Zeit ein gemeinsames Verständnis erzeugt. Desweitern ist das Design-Thinking (Abbildung unten) eine geeignete Methode. Einer der wesentlichen Punkte im Design-Thinking-Prozess ist, dass die Beteiligten zur selben Zeit in der gleichen Phase sind. Die Phasen 1 & 3 sind divergierende Denkprozesse. In diesen Phasen sollen möglichst viele verschiedene Ideen/Möglichkeiten zusammenkommen und vor allem auch Out-of-the-Box-Denken gefördert werden. In den Phasen 2 & 4 soll konvergierend gedacht werden. In diesen Phasen wird eine Lösung/ ein Problem fokussiert und möglichst genau beschrieben.

Lean Enterprise

Lean Enterprise ist eine Unternehmung welche Lean komplett eingeführt hat. Dies deutet nicht nur die Werkzeuge und Methoden eingeführt zu haben, sondern vor allem die Menschen zu befähigen, die Lean-Philosophie zu leben. Es ist wichtig Lean Projekte auf die Unternehmensstrategie abzustimmen. Es wurde empfohlen als erstes ein Leuchtturm-Projekt zu machen. Also ein Projekt, welches einen ersichtlichen Mehrwert für die Mitarbeiter und Unternehmung bringt. Die Lean-Prinzipien und -Methoden sollen sichtbar angewendet werden. Dadurch wird Lean Management erlebbar, dies hilft die Menschen zu überzeugen beim Wandel mitzuwirken. Deshalb ist es auch wichtig immer wieder Projektmarketing zu betreiben, um die Motivation der Belegschaft hoch zu halten. Die strategisch wichtigen Lean-Projekte sollten auf einer Roadmap für alle sichtbar abgebildet sein. Das schafft Transparenz über den Weg zur Lean Enterprise. Ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg zu Lean Enterprise ist das Schaffen eines nützlichen Rahmenwerks, dieses Rahmenwerk soll einerseits Werkzeuge und Methoden beinhalten, aber auch die anzuwendenden Werte und Prinzipien. So ein Rahmenwerk ist zum Beispiel das Toyota Produktionssystem (TPS).

In der Transformation zur Lean Enterprise ist es wichtig, sich nicht auf eine Top-Down-Implementierung zu fixieren. Es ist in erster Linie ein Kulturveränderungsprogramm, man soll die Mitarbeiter vernetzen, die offen sind für die Veränderungen. So werden von diesen Mitarbeitern anderer Mitarbeiter positiv beeinflusst, bis irgendwann die ganze Unternehmung eine Lean-Kultur lebt.